Montag, 28. September 2015

Liebe Marie! Hallo, Ihr beiden Anna's ... Nun beantworte ich über einen Post Eure Kommentare


Liebe Marie, nein, ich hab nichts falsch verstanden, oder war betroffen oder sonst irgendwas.
Stimmt wie Du es schreibst. Auch durch Deinen Kommentar habe ich angefangen "auszupicken". Es ist schon so, dass dieses autistische Andere oftmals mit dem was so 14jährige tun vermischt wird.
Wisst Ihr was? Manchmal lese ich alte Posts und die Kommentare von Euch, und dann fühl ich mich als wäre der Blog mein Selbsthilfeblog.
Klar gibt es immerwieder die so ganz ander Sicht auf die Posts, auf meine Erzählungen.
Wenn es nicht angreift, oder verletzt oder gar richtig böse ist darf das sein!  Das ist so wenn verschiedene Menschen den gleichen Post lesen und sich ihre Gedanken dazu machen.

Hallo Ihr beiden Anna's, ich versteh Euch beide.
Anna, mit dem Kommentar gleich unter Frau Stadt und Marie. Nein, ich hab es nicht verloren auch an die Pupertät zu denken. Das kann ich Tag für Tag sehen wie er sich entwickelt. Manches Verhalten ist typisch Pupertät.
Aber ... und das verstehst Du Anna, auch mit einerm autistischen Kind noch besser als so manch anderer.
Es ist ein Unterschied. Ein riesengrosser, mächtiger. Ein Unterschied der nie "weggehen" wird. Unsere Kinder mit Autismus brauchen wirklich ein Leben lang jemanden an der Seite. So selbstständig sie auch werden, es "hackt" immerwieder an manchen Stellen.
Alles was im Hier und Heute passiert macht Mamas von autistischen Kindern nachdenklich und bei mir schwirren die Gedanken sofort in seine Zukunft. Wer erträgt das denn? Wo finden wir den Ort an dem er auch ohne uns irgendwann leben kann? Etc.
Die Diagnose beinhaltet auch "geistig behindert". Das mag ich nicht, finde es für alle Menschen die so eine Diagnose haben traurig. Sie sind anders, sie denken anders, sie verstehen die Welt mit all dem drumherum nicht. Aber wir vielen "anderen" sollten es doch schaffen jene mit durchs alltägliche Leben zu nehmen, die eben nicht allein in dieser Welt zurechtkommen.

Und das schreibe ich nun nicht weil ich die Mama von Robert bin.
Das fing ich schon als kleines Mädchen an. Hinschauen, helfen, an die Hand nehmen aber auch wieder loslassen wenn ich sehe, der andere kann es auf seine Art selber!
Der Freund vom Haus nebenan hatte grosse Behinderungen durch Contergan. Die Tochter von Mamas Freundin war ein Mädchen mit Down Syndrom.
Das Mädchen neben mir in der Schule war Autistin. Das wusste vor über 40 Jahren noch keiner. Sie selber hat es vor ca. 15 Jahren erfahren, nach einem schweren Leben mitten unter uns allen.
Ich blieb neben ihr sitzen auch wenn sie "komisch" war und andere Schulfreundinnen meinten, ich soll mich doch lieber von "der da" wegsetzen.

Oh, ich könnte noch viel erzählen. Schaut, wenn mein Bruder den Unfall vor einigen Jahren überlebt hätte, dann ... ja was dann? Schlimme Brandverletzungen, ob er im Rollstuhl hätte sein müssen?  Er und wir durften es nicht erleben. Wenn es so gekommen wäre, dann wäre er mitten unter uns.
Gedankenspiele?
Ja, klar. Aber auch tiefe Wünsche die ich noch oft an seinem Grab im Kopf habe.

Wenn man so viele Gedanken im Kopf hat, dann kommt es zu so einen Post wie den vorigen. Dann gibt es die Tage an denen man den Autismus, die Epilepsie verwünscht und frägt: "Warum er, warum wir?"

Nun ist er so gross, dass er auffällt in seiner Andersartigkeit. Beim Bäcker, beim Metzger usw.
Es wird schwerer mit ihm unter Menschen.
Aber auch wieder interessanter, lustiger, bewegender.

Zum Bild oben:
 Da lag er auf dem Sofa. Keine 10 Minuten nach dem Foto kommt er daher mit Schaumstoffflocken in der Hand und überall.
"Mama, dieses Sofa ist ein Quatsch! Ich hab gar nichts gemacht, aber alles fällt raus!"

Nein, er hat gar nichts gemacht. Nur gefummelt, gezupft, gebissen ... was er halt immerzu so tut. Nun hat das Sofa also ein bisserl weniger Innenleben. Ich hab ihm angedroht, dass er bald nur noch auf dem Boden liegen wird, wenn er immerzu zupft. "Ach Mama, sei doch nicht so hartherzig!"

10 Minuten nach dem fotografieren hatte ich Nerven. Gut so, und ... wir haben kein Designersofa!
Ich bin nicht mal laut geworden ....

Hinter meiner Schulter sagt gerade der Mann an meiner Seite: "Na wenn das kein Designersofa ist! Mit Dellen an interessanten Stellen!"
So kann man es auch sehen ....

Habt eine schöne Woche, Danke an Alle, die mir Kommentare, Mails und mehr schreiben.


9 Kommentare:

  1. Designer-Sofas werden ohnehin überbewertet. :O)
    Liebe Grüße
    Oona

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  2. Oh, wenn ich da jetzt genauer über unser Sofa nachdenke....Hüstel.
    Ob Designer-Sofas gemütlich sind? Hm?

    Du hast das über Robert und den Autismus wieder wunderbar geschrieben, Elisabeth.

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  3. Ha, er frimmelt. Wir haben zwei Kinder mit autismus in der Tagesstätte. Beide müssen ständig was zwischen den Fingern haben.
    Gut, dass Ihr keine irre teuren Sofas habt, denn da würde man schon verzweifeln mit sowas. Die Kleinere der beiden futtert auch immer alles an was sie nur in die Hände kriegt. Anstrengend. Sogar die Pullis der anderen Kinder sind gefährdet.
    Ich würde gerne noch viel mehr erfahren wie die Tage mit Deinem Kind verlaufen, was autismustypisch bei ihm ist.
    alles Gute und hoffentlich auch für Robert wieder einen Platz in der HPT wünscht
    Melanie

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  4. Nun kann ich nochmal unterstreichen: Ihr seid so ein Glücksfall für Robert. Du wirst nicht mal laut. Dein Mann sieht es von der komischen Seite. Ich sag einfach mal in Roberts Namen: Danke!

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  5. Darf ich's erzählen?
    Robert zu Besuch bei der Tante. Er kaut und kaut und die Backen werden immer dicker. Er mag keinen Saft, keine Kuchen, er kaut.
    Rennt draussen durch den Garten, kommt wieder rein, kauend.
    Ist wieder draussen, diesmal barfuss.
    Wisst Ihr was er so ungefähr zwei Stunden gekaut hat? Ich dachte fünf Kaugummi aufeinmal. Nein, die Tante hatte ein Paket bekommen, da war innen drin als Schutz Styropor. Das hat er gekaut. Bei jedem Vorbeilaufen wieder ein Stück mehr ab in den Mund.
    Und dann war da aufeinmal noch von seinen Schuhen ein Teil im Mund.
    Robert! Sprach die Frau Mama, raus aus dem Mund.
    "Aber Mama, wer bestimmt eigentlich, dass Kaugummi gesünder ist?"
    Das ist so ung. fünf Jahre her, vielleicht auch länger. Wollt Ihr wissen, wie sein Autositz aussah? Wahrscheinlich ist das lila Sofa auch irgendwann so durchgekaut.
    Elisabeth, macht er noch Logo? Wenn ja, dann frag ich mich nach all den Jahren ob es was bringt. Wenn wieder ja, dann frag ich mich ob er ohne Logopädie all Eure Sachen schon aufgefuttert hätte.
    lachende Grüsse vom Cousinchen
    Deine G.

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  6. Hallo, leider ist es sehr schwer einem Aussenstehenden dieses spezielle Verhalten eines Autisten nahe zu bringen. Selbst viele Kinderpsychiater kennen sich nicht so gut aus
    Bei meinem Sohn ist das nach außen noch etwas anders, denn er ist ja sehr angepasst, kompensiert, aber zu hause dann
    ..bei ihm ist es das Verweigern inzwischen in fast allen Bereichen. Und oben drauf dann noch die Pubertaet. Aber wenn man schon mehr Kinder hat, weiß man den Unterschied auch. Und auch meinem Sohn merkt und sieht man es heute mehr an als in seiner Kindheit. ..derzeit habe ich eine Phase der Trauer... WIE eine Kommentatorin schrieb- in der Selbsthilfegruppe fühlt sie sich verstanden. LG Ann

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  7. Ann ermutigt mich auch zu erzählen. Ich habe eine traurige Phase. Wie bei Ann ist es das Leben drumherum.
    Es ist so schwer mit meiner autistischen Tochter und nun bin ich auch noch alleine mit ihr, mit dem jüngeren Bruder. Das alles hat meine Ehe nicht ausgehalten, es wurde meinem Partner zu viel.
    Ich fürchte mich vor der Zukunft, weiss doch, dass der Sohn seinen Weg gehen kann, die Tochter nie alleine.
    Ich freu mich über Euch, die Ihr erzählt, Mut verbreitet. Es ist für mich mehr als die Bücher. Da bin ich beim lesen allein, in der Bloggerwelt kann ich lebendiger mitten unter Euch sein. Wo findet man denn Selbsthilfegruppen, wohne in Niederbayern?
    liebe Abendgrüsse
    auch ich heisse ANNA

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  8. Liebe Elisabeth, da hast du ja schon früh solche Sachen erlebt.
    Also ist dein Wesen so liebevoll und verstehend.
    Oh ja, Robert ist ein Teenager.
    Ich bewundere euch, das weißt du.
    Wie ihr euren Alltag besteht, das ist schon beeindruckend.
    deine Bärbel

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  9. So ein toller Post! Ich weiss nicht... ich glaube, du bist wirklich eine ganz, ganz grossartige, kluge, weise, humorvolle und herzliche Mutter! Robert und du... da ist eine richtig tiefe Verbundenheit, die mich sehr freut. Für dich und ihn. Ich wünsche dir ganz viel Kraft immer wieder. Dann, wenn es "draussen" in der Welt wieder mal besonders schwierig ist für Robert und damit auch für dich, die ihn an der Hand hält, halten muss, obwohl es genau das vielleicht nicht mehr immer möchte... Du leistest etwas ganz, ganz Grosses, weisst du...
    ganz herzlich
    Bora, die dich sehr bewundert

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